Der Blick verschwimmt, die Spannung nimmt ab. Es ist nicht gut, aber auch nicht schlimm. Er trinkt, er will nicht trinken. Er trinkt, das tut ihm gut. Er weiß, dass es ihm nicht gut tut. Es tut ihm trotzdem gut. Es nimmt die Spannung. Es nimmt den scharfen bösen Schmerz. Und es lässt ihn schlafen. Irgendwann. Wenn er müde genug ist.
Der Blick verschwimmt, er schenkt sich nach. Er sitzt allein am Tisch, er trinkt mit sich allein. Er will nicht mehr trinken. Er nimmt es sich vor, jeden Tag, wenn die Spannung noch nicht so hoch ist. Aber bis zum Abend hin, erst recht, seit es wieder so früh dunkel wird, sind die Schmerzen so stark, dass er lieber trinkt.
Ärzte mag er nicht mehr sehen. Ihre Ratschläge haben noch nie nichts gebracht. Er könnte spucken. Mit ordentlich gesammelter Spucke. Wenn er es sich richtig überlegt, solche Ärzte, die von nichts eine Ahnung haben und dennoch so tun, als wüssten sie alles über ihn und von ihm und in ihm und überhaupt, die kann man gar nicht unangespuckt lassen.
Er kann wütend werden. So richtig wütend. Und das ist gefährlich. Also bleibt er an seinem Küchentisch. Am Küchentisch ist er in Sicherheit. Er gießt sich nochmals nach. Ein letztes Mal. Langsam gibt es Menschen, in seinem Leben. Auch einzelne hilfreiche Menschen, so scheint es ihm. Vielleicht ist ihm ja doch noch zu helfen.
Wünschen tut er sich die Hilfe nicht. Das ist lange her, seit er zum letzten Mal diese Sehnsucht gespürt hat, dass ihm doch jemand helfen möge. Als Teenager vielleicht. Und früher, als Kind. Aber da hatte keiner geholfen. Es sah doch alles super aus. Wer sollte da auch einschreiten. So war das leider. Er hat das seither schon oft gesehen.
Aber jetzt ist einer da, dem er wirklich am Herzen zu liegen scheint. Was immer das bedeuten mag. Es ist so neu, dass er manchmal gerade deswegen extra viel trinken muss, abends, nachts, allein am Küchentisch. Und dennoch fühlt es sich nach Hoffnung an. Und Hoffnung, das hat er lange nicht mehr gespürt.
Er verschließt die Flasche, Whiskey, vom feineren. Vom feinen Wasser gibt es weniger Kater. Er geht auf den Balkon, sagt den Sternen gute Nacht. Das macht er jeden Abend, seit es den andern gibt. Die Sterne winken zurück.