Es ist nicht alles schlimm.

Furchtbare Schmerzen. Der gesamte Unterleib. Die Oberschenkelinnenseiten. Nerven links. Das Becken wie überdehnt. Alles geschwollen.

Sie schreibt an ihr Tagebuch. Sonst gibt es keinen, der wissen will, wie es sich anfühlt. Wenn man sich zum ersten Mal erinnert, was die eigene Mutter gemacht. Mit Fingerspitzen. Und Fäusten.

Sie schreibt, dass sie wieder trinkt. Und nicht mehr schlafen kann. Dass sie Schmerzen hat und kaum noch laufen kann, geschweige denn sitzen. Als wäre es gestern gewesen.

Und ist sechzig Jahre her. Sie glaubt es selber kaum. Wer sollte sonst ihr glauben. Die Leute haben ja keine Ahnung.

Sie hat es aufgeschrieben. Damit sie nach einer Woche zwei nicht wieder tun kann, als wäre alles so ganz ohne.

Easy peasy.

Ist es nämlich nicht.

Sie geht jetzt ins Theater. Eine Freundin spielt. Ja, sie hat auch Freundinnen. Zwei. Und sie gehen ihr nicht mehr verloren.

Das Theater wird ihr helfen. Ablenkung. Und die Musik. Bis sie selber wieder Lust hat, zu singen.

Sie singt gern.

Auf dem Weg zum Theater blühen Robinien. Die weißen Blütentrauben. Der Duft.

Sie kann sehen. Sie kann riechen.
Es ist nicht alles schlimm.
Lange nicht alles.