Es schneit.

Es schneit, draußen, vor dem Fenster. Ich habe meinen Blick vom Bildschirm gelöst und merke, wiesehr ich gleich aufatme. Rausschauen. Schneegestöber. Bewegung im Körper.

Er ist aufgewacht in diesem Krankenhausbett. Er sieht und hört. Aber er kann nicht mal die Augen bewegen, geschweige denn den Kopf. Wenn die Schwester aus seinem Blickfeld verschwindet, kann er ihr nicht folgen, mit den Augen, wiesehr auch ihr Lächeln ihn beruhigt hat. Für Sekunden. Bevor die Panik sich wieder ausbreitet. Dieses Kribbeln im Körper. Überall. Wird er je wieder sich bewegen können?

Sie hat ihm erklärt, was er vom Arzt nicht verstanden hatte. Der Arzt war nicht mal in sein Blickfeld geraten. Der hatte sich nicht mal vorstellen können, dass das für ihn einen Unterschied hätte bedeuten können. Der Arzt redete und redete – und er konnte ihn nicht verstehen. Die Schwester heute hat sich über ihn gebeugt. Seinen Blick gesucht. Ihn angelächelt. Wie gern hätte er zurückgelächelt!! Aber irgendwie schien sie zu spüren, auch ohne Lächeln, dass er Kontakt aufgenommen hatte, dass er „da“ war, in seinem Körper. Hinter der Unbeweglichkeit. Und dann blieb sie da oben, direkt über seinen Augen, mit ihrem freundlichen Lächeln. Wendete den Blick immer mal wieder ab, ließ ihm Pausen, sah ihn wieder an. Und blieb, mit diesem Lächeln. Und dann sprach sie wenige Sätze. Auch diese mit Pausen. Dass er einen Krankenhausvirus erwischt hatte. Dass er sich wieder vollständig würde bewegen können. Dass es viel Zeit benötigen wird.

Er sackte in sich zusammen, ohne eine einzige Bewegung. Erleichterung. Und kaum war das Gesicht weg, das Lächeln, die Stimme – kam die Panik zurück. Stimmte das? Konnte das stimmen? Wird er sich je wieder bewegen können?

Jetzt scheint die Sonne, draußen, vor dem Fenster. Es tut gut, aus dem Fenster zu schauen. Diese katatonen Zustände beschäftigen mich. Und es sind nicht meine. Ich kann meine Augen hinausbewegen, zu den Wolken, der Sonne, den blauen Himmelsflecken. Aprilwetter, mitten im März. In Berlin ist immer noch Winter, hat mir mein Mann erklärt. Mein Körper sehnt sich nach Sonne und Wärme. Nach Frühling.

Ich werde versuchen, wieder regelmäßiger zu schreiben. Lange hatte ich gedacht, dass es mir nicht fehlen würde. Aber es fehlt mir. Es tut mir nicht gut, nicht mehr zu schreiben. Es ist, als würde ein Teil von mir erstarren, kataton, bis sich kaum noch etwas rührt. Und das beeinflusst mein ganzes Leben. Ich übertreibe nicht.

Bitte erinnert mich, wenn ich es wieder vergesse. Dass ich das brauche, dieses Schreiben.