Essen hat noch jedes Kind gelernt.

Die Finger mit aller Kraft in den Wangentaschen. Der Schmerz. Bis die Zähne auseinanderrücken. Die andere Hand hält die Nase zu. Bis auch die Lippen auseinanderrücken. Es geht nicht anders. Und der nächste Bissen wird nachgeschoben.

Leber zum Beispiel. Angebrannte, knochentrocken gebratene Leber. Die im Mund aufquillt und aufquillt. Und sich nimmer schlucken lässt. Bis die Finger wieder drücken. Schmerz und Atemreflex sich abwechseln die Waage halten überwiegen den Ekel und Würgreflex.

Eine Ohrfeige, wenn es hochkam statt runterzugehen. Als wäre es mit Willenskraft und gutem Willen getan. Aufzuessen, freiwillig. Statt mit Zwangsmaßnahmen, die doch gar keiner wollte, natürlich nicht. Die sie sich ganz alleine sich selber zuzuschreiben hatte, ein schlimmes bösartiges Kind, andere wären längst beim Nachtisch.

Was hochkam, wurde wieder eingegeben. Irgendwann musste sie das ja lernen, essen hat noch jedes Kind gelernt. Und hier gab es nun mal, was auf den Tisch kam.

Sie zog die Atemmaske aus, wischte sich die Bilder aus dem Gesicht. Sie hatte sie lange nicht mehr ansehen müssen. Aber diese Atemnot, dieser Anflug von nicht ganz so gut atmen können unter den Masken, wie dünn auch immer der Stoff über Mund und Nase, dieser Anflug reichte, um so einiges wieder hochzuspülen.

Sie zieht sich die Maske aus, wischt die Bilder weg und lächelt ihre Freundin an. Heute hat sie sich jemanden mitgenommen. Sie lernt dazu. Mit einer Freundin an der Seite ist es so viel leichter, wegzuwischen, zu lächeln, und zu wissen, ganz tief drinnen, WIE VIELE Jahre das vorbei war.