Die kleine Buchhandlung in der Altstadt, ein Antiquariat. Ein alter Mann mit italienischem Namen, in Bern geboren zu einer Zeit, in welcher es noch schwer gewesen war, Italiener als Eltern zu haben. Er hat eine Lehrstelle erhalten, in der Buchhandlung, die er später übernommen hat, und nicht mehr verlassen, bis zu dem schwarz umrandeten Schild im Schaufenster, wegen Todesfall geschlossen. Die hohen Regale noch bis zur Decke vollgestopft mit wunderbarsten Schätzen, neuen und alten, eine wilde wunderbare Mischung. Eine Woche später schon waren die Regale leer. Danach wurde herausgerissen, grundsaniert, Schaufenster erneuert und die alte morsche Ladentür ersetzt, durch welche der Wind gezogen hatte, bei jedem Wetter. Fast täglich bin ich vorbeigegangen, vor dem Laden stehen geblieben, in jenem Januar. Meine Form des Abschiednehmens. Ich wusste nicht, wann und wo er beerdigt wurde, der alte Herr, ob überhaupt, er hatte keine Familie. Am Schluß hat er im Laden geschlafen. Wie er gestorben ist, weiß ich nicht. Ich stelle mir vor, dass er sich spät am Abend mit der hohen Leiter vorsichtig vorsichtig noch einen kostbaren alten Band von ganz oben heruntergeholt hat. Den Staub weggepustet, noch oben auf der Leiter, und unten mit dem Pinsel nochmals sorgfältig abgestaubt. Dass er sich einen letzten schwarzen Tee gekocht hat, er hat immer schwarzen Tee getrunken, aus einer schweren schwarzen gusseisernen Kanne, die Tasse innen fast ebenso schwarz. Dass er sich in den großen gemütlichen Ohrensessel gesetzt hat, in dem ich selber so viele viele Stunden verbracht habe. Und mit Tee und Buch friedlich eingeschlafen ist.
Danke, Signore B., verspätet. Für Zeit und Raum, Ruhe und Weisheit, Sessel und Bücher, Bücher Bücher Bücher.