Musik

die Lippen verspannt, der Mund tut weh. die Klarinette seit Jahrzehnten nicht im Mund gehabt, in der Hand, zwischen den Lippen. auf dem Daumen, der sofort wehtut, wie früher, anders als früher, ähnlich wie damals, als wäre die Erinnerung im Daumen, und das blosse Auflegen des Instruments würde reichen, den Schmerz wieder hervorzurufen, noch bevor er die ersten Töne gespielt. und dann der Ton. auch in den Ohren tut es weh, nicht nur die Lippen die Wangen der Kiefer der Kopf. die Lippenspannung ist nicht mehr vorhanden. oder viel zu viel davon. kein Klang, kein Ton. keine Resonanz im Raum. ein Brett, ein Stück Holz, ein Stock. was soll er damit. was hat er sich vorgestellt. dass er einfach wieder würde anfangen können? und es gleich klingen und ihn glücklich machen würde? am liebsten hätte er getobt gestampft gewütet, ein kleines Kind. das Holz in die Ecke gepfeffert, die Mechanik verbogen, das Holz gesplittert, der Rumpf, der Körper, Klangkörper. und sein eigener Körper, der hart geworden war, in all den Jahren ohne Musik. er hatte die andern spielen lassen. war in die Konzerte gegangen. hatte sich eingelullt, dass das reichen würde. aber seit es keine Konzerte mehr gab, schien es nicht mehr zu gehen. sich einzulullen. er vermisste die Musik. und nicht aus dem Computer, youtube, facebook, nein. die echte Musik! und wenn er sie nirgends mehr haben konnte. dann musste er sie wohl oder übel selber machen. er hielt sich zurück, so gut es ging, warf sein geliebt-gehasst-geliebtes Instrument nicht in die Ecke. sondern befühlte es, mit jeder Faser seiner Fingerkuppen, mit den Lippen, mit der Zunge. bis er sich traute, nochmals anzusetzen. zu einem Ton. und ihn schwingen ließ. im leeren Zimmer.