Wein getrunken.

Wein getrunken. Bücher gelesen. Am Buch geschrieben. Sexueller Missbrauch. Zur Anzeige gebracht. Und das Gericht schreibt die Adresse auf den Beschluss. Wie kann das sein. Und es geschieht. Immer wieder. Über Jahre Jahrzehnte sich abgeschottet, gesichert, alle Umzüge mit Sperrvermerken und ohne Mitteilung an niemanden. Die Anzeige, kurz vor der Verjährung, weil es ihr wichtig war, die Dinge zur Anzeige zu bringen, dass nicht noch mehr geschieht, mit denselben Männern. Die Anwältin, der Gutachter, die Zeugen, alle verschlüsseln die Namen, die Wohnorte, die Städte. Aber das Gericht, das Gericht schreibt die Adresse auf den Beschluss. Der Gerichtsentscheid geht in mehrfacher Ausführung an alle Beteiligten. Auch an die Angeklagten, die mit Bewährungsstrafen davonkommen, weil nach Jahrzehnten kaum noch etwas nachzuweisen, Aussage gegen Aussage, kaum verlässliche Zeugen. Ein klassischer Fall. Bewährungsstrafe heisst, die Männer bleiben auf freiem Fuß. Und sind wütend, weil sie vor Gericht gezogen wurden, nun vielleicht selber umziehen müssen, in manchen Kreisen an Ansehen verlieren, auch wenn sie in andern Kreisen hinwiederum sogar an Ansehen gewonnen haben. Wütend sind sie dennoch. Und erhalten vom Gericht auf dem Urteil die Adresse geliefert. Von der nun erwachsenen Frau, die sie vor Gericht gezerrt hat. Undsoweiter. Die Folgen lassen sich ausrechnen. Sie will nicht mehr rechnen. Sie schließt ihr Heft, sie will nicht mehr schreiben. Sie legt die Bücher zur Seite, sie will nicht mal mehr lesen. Sie gießt sich Wein ein, öffnet eine nächste Flasche. Sie will nicht schlafen, schlafen ist ihr zu gefährlich, in diesem Zustand. Manchmal können ein paar Flaschen Wein auch hilfreich sein. Sie weiß, dass es keine Dauerlösung sein darf. Aber für heute, für heute ist es ok.