Ich finde mich schön.

Sie schaute sich ihr Bild an. Sie fand sich schön. Und wußte nicht, woher dieses Gefühl kam. Weil sie sich überaus hässlich fand und unsicher und unfähig. Ohne jegliches Selbstvertrauen, außer am Arm ihres Mannes. Und am Arm ihres Mannes sah sie immer ein bisschen so aus wie sein Kind. Sie wusste das, seit Freunde ihnen einen Magneten für den Kühlschrank geschenkt hatten, mit einem Bild von ihnen beiden als Paar. Sie hing an seinem Arm und hielt sich fest und wollte ihn nie mehr loslassen. Und beschwörte ihn, sie doch zu umarmen, so richtig, mit aller Kraft, dass sie es spüren konnte. Vielleicht sogar zu glauben beginnen könnte, dass er sie immer noch liebte, nach all den Jahren. Er konnte oft nicht verstehen, wie sie so unsicher sein konnte, und ihn bei Kleinigkeiten um seine Erlaubnis oder um eine Entscheidung bitten. Ihn anflehen, nicht um einen Rat, sondern dass er doch bitte sagen sollte, was sie zu tun hatte, es wäre so viel einfacher für sie. Aber das verstand er nicht. Weil sie doch auch eine erfolgreiche Geschäftsfrau war. Und singen konnte, wie eine Göttin. Er liebte ihre Stimme. Und dann saß sie heulend am Küchentisch, wenn er ihr gerade mal nicht bestätigen mochte, dass er sie immer noch liebte, auch morgen noch lieben würde, ja klar, wieso denn auch nicht, er verstand das nicht.

Dass sie sich schön fand, so richtig schön, das war selten. Sie nahm das Bild nochmals zur Hand. Es tat gut, sich selber eine Weile schön zu finden. Sie genoss das.