Ein letztes Mal Kaffee trinken gehen.

Ein letztes Mal Kaffee trinken gehen. Für lange Zeit. Wie lange, das weiß sie nicht. Den vier Wochen traut sie jedenfalls nicht. Und auch vier Wochen sind bereits lang. Gemeinsam Kaffee trinken gehen, das gehört zu den Ritualen von ihr und ihrem Mann. Einmal die Woche, das schaffen sie, neben ihren vollen Tagen. Jede Woche, fast jede Woche. Die zwei Stunden, die sind wichtig. Manchmal machen diese zwei gemeinsamen Stunden den Unterschied, wie sich die Woche anfühlt, wie oft sie streiten, wie oft sie die Kinder anpampen, mit ihnen schimpfen, auch mal brüllen. Nun werden sie nur noch spazieren gehen, ohne Kaffee. Und wenn es regnet und dunkel und neblig bleibt, wie so oft, im November, werden sie am Computer sitzen bleiben, statt gemeinsam unterwegs zu sein. Das wird ihnen nicht gut tun, sie weiß das schon.

Heute sitzen sie bei Frau Krüger. Frau Krüger, die schafft es, ihre gute Laune zu bewahren. Sie wird wieder nur am Fenster verkaufen, wochenlang, außer Haus Verkauf ist noch gestattet. Und sie ist gut gelaunt und lacht und verliert ihren Humor nicht. Die beiden werden selber wieder fröhlicher, obwohl sie heute nicht sehr fröhlich hergekommen sind. Zum Schluss bedanken sie sich, für all die Stunden, die sie schon bei Frau Krüger im Kaffee verbracht haben, und für ihr Lachen, ihre Freundlichkeit, die gute Laune. Frau Krüger freut sich. Sie sagt: Wisst ihr, für diese gute Laune entscheide ich mich jeden Morgen aufs Neue. Weil es mir dann einfach besser geht. Man macht sich ein bisschen was vor. Aber mir geht es besser damit. Und den meisten, die hier reinkommen und wieder rausgehen, denen geht es nachher auch besser.

Die beiden fassen sich an den Händen, Mann und Frau, laufen durch den Kiez, im Sonnenschein. Sie können die Herbstluft wieder riechen, die farbigen Blätter sehen, den Wind im Gesicht spüren, die unerwartete Kälte. Sie können sogar ein Stück die Liebe fühlen, die in diesen seltsamen Tagen manchmal sich zurückzieht hinter die Sorgen, die Wolken. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Vielleicht wird sie es einmal versuchen, am Morgen, beim Aufstehen. Sich für gute Laune zu entscheiden.